Am 10.03.2017 ist das neue „Gesetz zur Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen“ in Kraft getreten und sieht u.a. vor: Ein Täter kann jetzt wegen Nachstellung (Stalking) nach 238 Abs.1 Strafgesetzbuch (StGB) schon dann bestraft werden, wenn er einer Person in einer Weise nachstellt, die geeignet ist die Lebensgestaltung des Opfers schwerwiegend zu beeinträchtigen. Ab sofort ist es also nicht mehr nötig, dass das Opfer seine äußeren Lebensumstände bereits geändert hat um der Nachstellung zu entkommen. Der Schutz des Opfers setzt früher an.
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Unterhalt bei Wechselmodell
Der dem Kind von einem Elternteil während dessen Betreuung im Wechselmodell geleistete Naturalunterhalt führt nicht dazu, dass ein Barunterhaltsanspruch entfällt. Der geleistete Naturalunterhalt ist nur eine teilweise Erfüllung des Unterhaltsanspruches eines Kindes. Gegen des besser verdienenden Elternteil kann zusätzlich ein Barunterhaltsanspruch des Kindes bestehen, BGH Beschluss vom 11.01.2017, Az. XII ZB 565/15
Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes
Ein sorgeberechtigter Elternteil, der nicht mit dem Kind zusammenlebt, hat grundsätzlich ein Auskunftsrecht über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, also zu seinem Gesundheitszustand, den Schulnoten o.ä. Das OLG Köln hat jedoch entschieden, dass der Auskunftswunsch des Elternteils begrenzt ist. In dem entschiedenen Fall wollte ein 15-jähriges Kind nicht, dass höchstpersönliche Informationen an den anderen Elternteil weitergegeben werden. Dieser Wille sei bei ausreichender Reife und Selbstbestimmungsfähigkeit des Kindes zu respektieren und begrenzt aus Gründen des Kindeswohls den Auskunftsanspruch (OLG Köln, Beschluss vom 28.06.2016, Az. 10 UF 21/15)
BGH: Das Wechselmodell kann vom Familiengericht angeordnet werden
Getrennt lebende Eltern haben in Zukunft Anspruch darauf, ihr Kind auch gegen den Willen des anderen Elternteils zur Hälfte betreuen zu dürfen.
Ausschlaggebend für das sogenannte paritätische Wechselmodell ist neben dem beiderseitigen Elternrecht das Kindeswohl, entschied der Bundesgerichtshof in einem am 27.02.2017 veröffentlichten Urteil. Familiengerichte dürfen demnach das Wechselmodell dann anordnen, wenn die aufgeteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich zu anderen Modellen „dem Kindeswohl am besten entspricht“.
Bisher ist das sogenannte Residenzmodell der Regelfall: Nach einer Trennung lebt das Kind ganz überwiegend bei einem Elternteil, an Wochenenden oder in den Schulferien wohnt es bei dem anderen Elternteil.
Weitere Ausführungen finden Sie hier ( FAZ) oder hier (Die Zeit)
Vater muss „WhatsApp“ von den Smartphones seiner Kinder löschen
Das Familiengericht Bad Hersfeld hat es einem sorgeberechtigten Vater zur Auflage gemacht „WhatsApp“ von den Smartphones seiner 10 und 15 Jahre alten Töchter zu löschen um diese vor Sex-Textings einer erwachsenen, den Eltern bekannten Person zu schützen. Natürlich berechtigt nicht jedes Versagen oder jede Nachlässigkeit der Eltern den Staat auf der Grundlage seines ihm nach Art. 6 Grundgesetz zukommenden Wächteramtes, sich in die Pflege und Erziehung des Kindes einzumischen oder gar selbst diese Aufgabe zu übernehmen. Ein familiengerichtliches Eingreifen ist allein auf die Abwehr konkreter Gefahren für das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes beschränkt, wenn Sorgeberechtigte dies nicht leisten können oder wollen. Kinder sind aber auch vor Cyber-Mobbing, -Stalking und -Grooming zu schützen. Und vor dem Abrufen gefährdender Inhalte aus dem Internet. Wobei je nach Einzelfall das Alter des Kindes, die Häufigkeit der Kenntnisnahme und die konkreten Inhalte neben dem individuellen Entwicklungsstand berücksichtigt werden müssen. (AG Bad Hersfeld, Beschluss vom 22.07.2016, F 361/16)
Neue gesetzliche Regelung zum Sachverständigengutachten in den Verfahren der elterlichen Sorge, des Umgangs und der Kindesherausgabe
Seit einer Gesetzesänderung zum 11.10.2016 muss ein Gutachter in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren endlich über eine berufliche Mindestqualifikation verfügen. Auch muss das Gericht dem Gutachter nun eine Frist setzen, innerhalb derer er das Gutachten einzureichen hat, um Verzögerungen zu vermeiden (§ 163 Abs.1 FamFG).
Reform zum Unterhaltsvorschuss voraussichtlich zum 01.07.2017 in Kraft
Um die Situation von Alleinerziehenden zu verbessern, soll der Unterhaltsvorschuss ausgeweitet werden: Erstens sollen endlich auch Kinder im Alter von 12 Jahren bis zum vollendeten 18. Lebensjahr Unterhaltsvorschuss erhalten können. Voraussetzung dafür ist, dass sie nicht auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen sind, oder dass der alleinerziehende Elternteil im SGB II-Bezug mindestens 600 Euro verdient. Und zweitens soll die Höchstbezugsdauer von 72 Monaten entfallen. Das bedeutet künftig sollen Kinder ohne zeitliche Einschränkung bis zu ihrem 18. Geburtstag Unterhaltsvorschuss erhalten können.
Es ist geplant das Gesetzgebungsverfahren im Frühjahr 2017 abzuschließen, zum 01. Juli 2017 soll die Reform zum Unterhaltsvorschuss dann in Kraft treten.
Im Sommer 2016 keine Alleinentscheidungsbefugnis für Urlaubsreise in die Türkei
Die Regierung der Türkei hat inzwischen den Ausnahmezustand ausgerufen. Es ist als Folge des Putschversuchs zu Massenverhaftungen sowie zu Regierungsentscheidungen gekommen, die für eine Vielzahl von Betroffenen in der Türkei von existenzieller Bedeutung sind. Bei dieser Sachlage besteht eine konkrete Gefahr, dass es in der Türkei zu Unruhen kommen kann, die auch Auswirkungen auf die Urlaubsregionen haben können.
Unter den derzeitigen Umständen ist eine Urlaubsreise in die Türkei somit keine Angelegenheit des täglichen Lebens , über die derjenige Elternteil, der die Obhut ausübt, alleine entscheiden kann. Vielmehr bedarf er der Zustimmung des mitsorgeberechtigten Elternteils.
Hält der andere Elternteil eine Urlaubsreise in die Türkei für zu gefährlich, kann dies unter den gegenwärtigen Umständen einer Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB auf den die Reise beabsichtigenden Elternteil entgegenstehen. So OLG Frankfurt a.M. am 21.07.2016, Az. 5 UF 206/16
Mietvertragsentlassung schon in der Trennungszeit
Überlässt ein Ehegatte nach der Trennung die zuvor von ihm oder von beiden Ehegatten gemeinsam gemietete Ehewohnung dem anderen Ehegatten zur alleinigen Nutzung, kann er bereits während der Trennung und nicht erst nach Rechtskraft der Scheidung verlangen, dass der in der Wohnung verbleibende Ehegatte an der gegenüber dem Vermieter abzugebenden Erklärung mitwirkt, durch die der ausgezogene Ehegatte bei der Scheidung aus dem Mietverhältnis ausscheidet. Der in der Wohnung bleibende Ehegatte kann seine Mitwirkung auch nicht davon abhängig machen, dass sich die Ehegatten zuvor über die Verteilung der das Mietverhältnis betreffenden Kosten geeinigt haben.
Beschluss des OLG Hamm vom 21.01.2016, Az. 12 UF 170/15
Besonderheiten beim Wechselmodell
Eine Abweichung von der Regel, dass ein Elternteil den Unterhalt durch Betreuung leistet und der andere allein barunterhaltspfkichtig ist, ist nur geboten, wenn eine nahezu gleichwertige Aufteilung der Betreuungsanteile vorliegt, so schon BGH FamRZ 2007, 707.
Sind beide Elternteile leistungsfähig – und stellen sich nicht wechselseitig von den Unterhaltsansprüchen des Kindes frei – kann der Bedarf des Kindes wie beim Volljährigenunterhalt aus dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern ermittelt werden.
Dabei sind Mehrkosten durch die Versorgung des Kindes in getrennten Haushalten (z.B. Wohn- und Fahrtkosten) dem Tabellenbetrag der Düsseldorfer Tabelle hinzuzurechnen. Der ermittelte Bedarf ist anteilig nach § 1606 Abs. 3 BGB auf beide Elternteile zu verteilen unter Berücksichtigung der jeweils erbrachten Naturalunterhaltsleistungen. (vgl. BGH FamRZ 2006, 1015)